Hörbuch Sprecher:
Die Königsdisziplin der Sprecher-Welt

Das Hörbuch-Sprechen wird von vielen als die herausfordernste Aufgabe unter den Sprecher Aufträgen angesehen. Daher werden Hörbuchsprecherinnen auch gerne zu Live-Lesungen bei Veranstaltungen wie beispielsweise der lit.COLOGNE eingeladen.

Eine Sache gleich vorweg: Obwohl Hörbuch und Hörspiel nicht das Gleiche sind, werden diese beiden Begriffe oft in einen Topf geworfen. Daher möchten wir hier direkt klären, wie wir in der Sprecher-Welt die beiden Wörter und Genres voneinander unterscheiden.

 

Hörbuchsprecherin Milena Karas bei einer Livelesung im Literaturhaus Köln | Foto: Anne Domdey

Große Unterschiede: Hörbuchsprecher sind nicht gleich Hörspielsprecher

Ein Hörbuchsprecher liest Literatur vor. Er spricht dabei aus der gleichen Perspektive, aus der wir als Leser Bücher erleben. Bei einem Hörbuch kommen aber keine Geräusche, Effekte oder akustische Räume vor. Der Sprecher kann versuchen, den verschiedenen Figuren eines Buchs durch verschiedene Stimmen Leben einzuhauchen. Dazu entwickelt er für jeden Charakter eine eigene Stimme. Das kann sehr anspruchsvoll werden, vor allem, da er diesen Stimmen über das gesamte Buch hinweg treu bleiben muss. Konsistenz ist entscheidend.

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Ein Hörspiel dagegen ist wie ein Spielfilm ohne Bild. Entstanden sind Hörspiele in den 1920er Jahren, als es noch kein Fernsehen gab. Mehrere Sprecher übernehmen verschiedene Rollen und es gibt Elemente, die die szenische Glaubwürdigkeit unterstreichen. Ein Hörspiel erfordert einen wesentlich höheren Produktionsaufwand. Viele kennen wahrscheinlich Reihen wie “Die drei ???”, die heute Kultstatus haben, oder auch den Radio-Tatort. Auch Spielfilme werden immer häufiger zusätzlich als Hörspiele umgesetzt. Im Hörspielsegment hat sich so über viele Jahre ein eigener kommerzieller Markt entwickelt.

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Kleiner Exkurs: Das Feature als redaktionelles Format im Radio

Ein weiteres Sprecher-Genre, welches wir in diesem Kontext ebenfalls gerne vorstellen möchten, ist das Feature. Ein Feature ist wie ein rein akustischer Dokumentarfilm, der sich einem Thema widmet und dabei auch auf Stimmen als Erzähler oder Kommentatoren zurückgreift. Das Feature ist ein redaktionelles Format, welches im deutschsprachigen Raum primär von den öffentliche-rechtlichen Rundfunkanstalten produziert wird.

 

Hörbuchsprecher brauchen viel Disziplin und Durchhaltevermögen

Einer Hörbuchsprecherin wird ein sehr hohes Maß an Konzentration abverlangt. Sie muss eine Geschichte über viele Stunden spannend und abwechslungsreich erzählen und dabei so konsistent sein, dass nicht nur die gesamte Erzählspannung, sondern auch einzelne Figuren auf der Seite 1 genauso klingen wie auf der Seite 455. Ein Produktionstag dauert dabei bis zu sechs Stunden, da darf die Stimme nicht auf halber Strecke schwach werden.

Kein Sprecher-Genre verlangt so viel und so intensive Vorbereitung wie das Hörbuch-Sprechen. Hörbuchsprecher lesen sich das zu vertonende Buch im Vorfeld mehrfach durch, machen sich Notizen und arbeiten die einzelnen Figuren aus. Es gibt auch PrimaVista-Sprecher, die unvorbereitet in eine Hörbuchproduktion gehen. Doch die Gefahr, eines nicht konsistenten Ergebnisses, ist hoch.

Hörbuchsprecherin Milena Karas bei der Aufnahme von ”Wo der Wolf lauert” von Ayelet Gundar-Goshen - nominiert für den Deutschen Hörbuchpreis 2022

Jeder Sprecher hat seinen eigenen Stil

Ist der Hörbuchsprecher gut auf die Aufnahme vorbereitet, kann sich der Regisseur im Studio sehr zurückhalten. Er muss dann kaum eingreifen, achtet nur darauf, dass insgesamt alles stimmig ist und die Aussprachen stimmen. Mitunter übernimmt auch der anwesende Toningenieur eine gewisse Regie-Verantwortung.

Die Interpretation des Textes obliegt hingegen fast immer dem Angebot des Hörbuchsprechers. Jeder Sprecher liest ein Buch anders, manche sprechen sehr zurückgenommen, andere sehr ausgespielt. Entscheidend für den Gesamteindruck beim Zuhörer ist daher die Auswahl des Hörbuchsprechers im Vorfeld. Den Sprecher sucht übrigens in der Regel der beauftragende Verlag aus. Die Autoren des Buchs haben dabei nur ein Mitspracherecht, wenn sie sehr renommiert sind.

Wie werden Hörbuchsprecher honoriert?

Obwohl das Hörbuch-Sprechen als die Königsdisziplin des Sprechens gilt, ist das Hörbuchgenre nicht üppig vergütet. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vorbereitungszeit und die Beanspruchung der Sprecher überdurchschnittlich ist. Hörbuchsprecher werden im Regelfall pro “Final Audio Hour” bezahlt – es zählt also die fertige Audiostunde. Dabei gibt es grobe Richtwerte, wie lange eine Seite in gesprochener Sprache ist. Bei der Manuskript-Formatierung des Lübbe-Verlags rechnet man zum Beispiel pro Buchseite mit anderthalb Minuten. Mitunter wird auch in CD-Längen (74 Minuten) gedacht und gerechnet.

Versprochen: Auch Sprecher machen Versprecher!

Verspricht sich der Hörbuchsprecher während der Aufnahme, springt er kurzerhand zum vorherigen Satzanfang zurück, bleibt im Redefluss und setzt einfach nochmal neu an. Auf diese Weise kann der Toningenieur den Fehler nachträglich herausschneiden. Diese Arbeitsmethode erfordert produktionell einen Korrekturlauf, in dem primär Schnittfehler wie doppelte Sätze oder Störgeräusche gefunden und behoben werden. Mit diesem Arbeitsschritt hat der Sprecher selbst aber nichts zu tun.

Durch diese Art, Versprecher zu korrigieren, dauert das Einsprechen einer Hörbuchstunde kaum länger als eine Studiostunde. Hörbuchsprecherinnen machen allerdings gerne viele Pausen, um die Konzentration und damit die Qualität der Produktion halten zu können. Ein professioneller Hörbuchsprecher schafft pro Tag etwa zwei CDs. Das entspricht ungefähr zweieinhalb Audiostunden. Erfahrene Hörbuchsprecher schaffen auch mehr. Wenn hingegen Promis oder YouTuber ohne wirkliche Sprecher-Erfahrung zu Hörbuchsprechern werden, wird die Produktion durch die fehlende Routine insgesamt aufwändiger. Es müssen mehr Pausen eingelegt werden und auch die Regie ist stärker gefordert.

Der Wert der Auswertung: Die CD hat ihren Zenit längst überschritten

Obwohl die CD immer noch als Einheit zur Zeitrechnung herhalten muss, wird sie heute kaum noch ausgewertet. Das war früher anders. Da die Herstellung einer CD mit höheren Kosten verbunden ist, wurden Hörbücher für die CD als “gekürzte Fassung” herausgegeben. Ungekürzte CD-Veröffentlichungen hätten einfach zu hohe Herstellungskosten zur Folge gehabt.

In der Ära des Streamings werden Hörbücher nicht mehr gekürzt. Nur noch absolute Spitzentitel werden zusätzlich als CD produziert und herausgebracht. Die durch das Streaming unkompliziertere Distribution hat aber auch zur Folge, dass der Bedarf an Hörbüchern gestiegen ist und insgesamt viel mehr produziert wird, sodass jeder einzelne Titel weniger gekauft und konsumiert wird. Durch ein immer größeres Angebot schrumpft in der Folge auch der Gewinn pro Produktion.

Hörbuchsprecher gesucht? Unsere Datenbank gibt Auskunft!

In der VDS-Stimmdatenbank können Tonstudios und Hörbuch-Produzenten nach dem passenden Hörbuchsprecher suchen. Stimmalter, Stimmlage und Stimmcharakter sind nur einige der Suchkriterien, die eine fundierte Suche möglich machen. Alle Sprecherinnen und Sprecher, die wir in unserer Datenbank listen, sind Mitglied im Verband Deutscher Sprecher:innen. Damit können wir garantieren, dass bei uns nur Profis mit Berufserfahrung gebucht werden. Das ist uns als Verband sehr wichtig, denn wir wissen aus langer Erfahrung: Profis suchen immer Profis!